Allgemeine Beeidigung

Das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.01.2007:

 

"Die Beeidigung und die Ermächtigung stellten keine öffentliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation dar ... mit der allgemeinen Beeidigung und der Ermächtigung ist keine rechtliche Vorzugsstellung verbunden...

Ein unmittelbarer Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung ist demnach mit der allgemeinen Beeidigung oder Ermächtigung nicht verbunden, insbesondere hat deren Versagung keine Einschränkung der rechtlich zulässigen beruflichen Betätigungsmöglichkeiten zur Folge."

 

Hierzu das Oberlandesgericht Hamm (01.01.2011):

 
"Wer in einer gerichtlichen Verhandlung dolmetschen will, hat gemäß § 189 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) einen Eid zu leisten, dass er das Wort treu und gewissenhaft übertragen werde; diesen Eid muss er grundsätzlich für jedes Verfahren gesondert leisten. § 189 Abs. 2 GVG bietet allerdings die Möglichkeit, sich stattdessen auf einen allgemein geleisteten Eidzu berufen. Diese Allgemeine Beeidigung dient allein der Verfahrensvereinfachung. Sie ist weder Nachweis einer besonderen Qualifikation noch bedeutet sie eine Zulassung oder Anstellung."

 

Wie sieht es in der Praxis aus?

Zahlreiche qualifizierte und erfahrene Dolmetscher streben aus beruflichen oder privaten Gründen die allgemeine Vereidigung erst gar nicht an, da i.d.R. damit die Verpflichtung der kurzfristigen Annahme und Erledigung von Aufträgen einhergeht, hierzu gehört auch die kurzfristige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit. Gemäß  Art. 12 Abs. 1 GG dürfen diese nicht allgemein vereidigten Dolmetscher von der Ausübung ihrer Tätigkeit als Dolmetscher für die Justiz von öffentlichen Aufträgen nicht ausgeschlossen werden. Diese können vor Wahrnehmung ihrer Aufgabe gemäß § 189 Abs. 1 GVG vor Ort vereidigt werden.

 

Die Regelung im Bundesland NRW z.B., dass ausschließlich vereidigte Dolmetscher zu laden sind, wurde durch "Drängen" insbesondere eines "Vereins aus Hattingen" auf die Wege geleitet und widerspricht in weiten Zügen den Vorgaben des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes (6 C 15. 06 vom 16.01.2007). Nicht nur, dass hierdurch die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG der Dolmetscher massiv eingeschränkt wird, wird den angehenden  Gerichtsdolmetschern die Erlangung von Praxiserfahrungen gänzlich beschnitten. Ein Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 30.11.2012 verdeutlicht, dass eine ausschließliche Ladung von "vereidigten Dolmetschern" nicht zwingend ist > LSG NRW L 6 SF 380/12 E

 

Paradox ist zudem die Tatsache, dass Sprachkundige als Dolmetscher vereidigt werden, die keinerlei Gerichtserfahrung, geschweige denn nennenswerte Erfahrung als Dolmetscher besitzen, wie sich bei Bewerbern für unser Team immer wieder herausstellt.

Wir vertreten die Auffassung, dass Sprachdienstleister in der Pflicht stehen, kompetente Dolmetscher - ob vereidigt oder nicht - für das Justizdolmetschen z.B. durch Schulungsmaßnahmen auszubilden und für Qualität der Sprachdienstleistung in Bereichen der Justiz zu sorgen, da es diese sonst nicht gibt.

 

Trotz der  unterschiedlichen Praxis gilt die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG sowie § 189 Abs. 2 GVG, demnach der Eid - unabhängig vom Ort der Ablegung - bundesweite Gültigkeit hat.